Die Geheimnisse des Kirchturms
Der Kirchturm – ältestes Gebäude in Niedernjesa
Das älteste Gebäude in unserem Dorf ist der Turm der St. Laurentius Kirche. Der ehemalige Kreisarchäologe Klaus Grote und der frühere Denkmalpfleger Martin Grewe schätzen den Turmbau ungefähr in das 9. Jahrhundert n. Chr.
Die Besiedlungsgeschichte des Ortes Niedernjesa dürfte jedoch wesentlich älter sein. Dafür spricht die Lage mit dem unverstellten Blick über die Leineaue sowie die Nähe einer uralten Römerstraße kommend von Reinhausen.
Das Kirchenschiff ist im Westen an den Turm angebaut. Das ist für ein sakrales Gebäude untypisch, in der Regel weisen Kirchenschiff und -chor nach Osten. Bei genauerer Betrachtung der Ostseite des Turms, ist eine baubedingte Linie zu erkennen. Denkbar ist, dass zunächst ein relativ kleines Kirchenschiff im Osten angebaut war, welches dann im Westen durch ein größeres Gebäude ersetzt wurde – einfach, weil auf der Seite mehr Platz vorhanden war.
Die Turmmauern sind rund 16 ½ Meter hoch. Hinzu kommt das Turmdach mit rund 4 ½ Metern Höhe. Damit ist der Turm niedriger als noch bis zum Jahr 1810. Das frühere achteckige Dach stand rund neun Meter hoch. Jedoch war es über die Jahrhunderte immer wieder schadhaft geworden, bis es im Winter des Jahres 1810 teilweise einstürzte und neu aufgebaut werden musste.
Im Westen stand bis zum Jahr 1855 ein relativ kleines Kirchenschiff (es bot Platz für ca. 30 Personen). Im Inneren sind mit Blick auf den Turm die Mauer- und Putzreste noch zu erkennen. Nachdem die Einwohnerzahl in Niedernjesa deutlich gestiegen und das Kirchenschiff stark baufällig war, wurde das Gebäude durch den heutigen Neubau ersetzt.
Es wird spekuliert, dass der Kirchturm in früherer Zeit ein Wehrturm gewesen sei. Wahrscheinlich ist, dass dieser sowohl als Rückzugsort in Kriegszeiten als auch für sakrale Zwecke Verwendung fand. Im Turm befinden sich Schießscharten, die sich von Innen nach Außen verjüngen und somit Schüsse ermöglichen, ohne selbst getroffen zu werden. Die drei Ebenen im Turm sind ebenfalls für eine Verteidigung angeordnet, allerdings passt der Zugang im Erdgeschoss nicht zu einem Wehrturm – es sei denn, dieser wurde erst nachträglich erstellt.
Für den 1. Weltkrieg finden sich Hinweise der Nutzung als Beobachtungsstation. Neben einem Fenster ist die Jahreszahl 1918 mit dem Kürzel HD eingekratzt. Außerdem findet sich auf einem Balken ein eingeritztes Mühlespiel – auch damals schon ein gutes Mittel gegen Langeweile.